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Die Trauma-Arbeit im Rolfing®

Die Trauma-Arbeit im Rolfing®

Ziel des Rolfing ist es, den Menschen ausgewogen um seine innere Achse zu organisieren. Auch ein Trauma - egal wie heftig oder geringfügig - ist in der Lage, diese Ausgewogenheit nicht nur auf seelischer, sondern auch auf körperlicher Ebene empfindlich zu stören. Oft ist es so, daß die traumatische Ursache und der seelische Schmerz nach Jahren oder Jahrzehnten längst vergessen sind. Die körperlichen Auswirkungen hingegen sind in der Körperhaltung und in Bewegungsmustern noch immer präsent und beeinflussen erschwerend das tägliche Leben. Eine Traumatisierung kann man als eine nicht zu Ende geführte natürliche Reaktion des Organismus auf ein bedrohliches Ereignis verstehen.

 

So eine Reaktion wäre zum Beispiel der natürliche Fluchtreflex, wie wir ihn bei Tieren ganz gut kennen. Ist die Flucht beendet, ist sie geglückt, gibt es kein Trauma. Ist die Flucht abgebrochen, bleibt die gesamte mobilisierte Energie, die für die Flucht vorgesehen war, gefangen im System. Dies erzeugt Spannungen, das System will die Energie halten, vielleicht wird sie ja noch gebraucht, um die Flucht zu beenden. Das Zurückhalten dieser Energie, die sich entladen will, verbraucht zusätzlich permanent Kraft. Die harmonische Balance um die Innere Achse ist gestört.

 

Ähnlich verhält es sich mit dem „Erstarrungs-Reflex“. Vielleicht haben auch Sie schon mal beobachtet, wie ein Vogel gegen eine Scheibe geflogen ist. Er fällt zu Boden und bleibt regungslos liegen. Wir meinen „oh Gott, der ist jetzt tot, was sollen wir jetzt machen mit ihm“. Auch eine vorbeistreunende Katze würde sich nicht um ihn kümmern, sie mag keine toten Vögel. Doch auf einmal: der Vogel bewegt zuerst die Augen, zittert am ganzen Körper, schüttelt sich und fliegt davon. Der Vogel hat instinkt-geführt den kompletten Prozess durchlebt, der sein Leben rettet. Er ist nach diesem Erlebnis nicht traumatisiert.


Auch wir Menschen haben noch diese unser Leben rettenden Urinstinkte. Doch haben wir im Gegensatz zu den Tieren auch noch ein hoch entwickeltes Denkhirn, das in bedrohlichen Situationen oft die Oberhand übernimmt und uns veranlasst, die natürlichen und instinkt-gesteuerten Reaktionen abzubrechen. Die Folge: Es entsteht ein Trauma.

Der Rolfer arbeitet hier mit dem „ganzheitlichen inneren Empfinden“ des Klienten. Der Klient spürt frei von bewertenden Gedanken in seinen Körper und beobachtet, was er im aktuellen Moment empfindet. So werden ganz feinen Sensationen Raum gegeben. Durch das wertungs- und urteilsfreie Hinspüren an körperliche Empfindungen wird diesen die Möglichkeit gegeben, sich zu verändern. Der Rolfer arbeitet hier mit den Spuren, die ein Trauma im Körper hinterlassen hat. Diese Spuren in Form von Empfindungen oder „eingefrorenen“ Spannungen, oder auch „Empfindungs-Löcher“, und deren dazugehörigen Bewegungsmustern können dadurch wieder zum Fließen gebracht werden. Der Körper kann sich wieder harmonisch um die innere Achse organisieren.

 

Hier handelt es sich nicht um Psychotherapie, sondern um reine Körperarbeit. Der Rolfer legt bei dieser Arbeit keinen Fokus auf irgendeine traumatische Geschichte, die schon Jahre oder Jahrzehnte zurückliegt, und die sich nicht ändern oder gar rückgängig machen lässt. Er arbeitet mit den aktuellen Empfindungen und Strukturen, die im Augenblick im Körper da sind. Er arbeitet mit den natürlichen persönlichen Stärken die jedem Menschen zu eigen sind. Der Klient ist bei dieser Arbeit stets in wachem und bewußtem Zustand.

 

Die Trauma-Arbeit im Rahmen von Rolfing ist eine sehr feinfühlige Arbeit, die auch vom Klienten ein hohes Maß an sensiblem Hineinspüren in den eigenen Körper erfordert.


Oft, und gerade bei lange zurückliegenden Traumen hat sich der Körper mit den durch das Trauma erzeugten Spannungen in der Weise arrangiert, daß sich - als Gegenspannung - Verhärtungen, Verklebungen oder Verkürzungen im gesamten Bindegewebs-System gebildet haben. Darum ist es sinnvoll erst nach 6 – 7 klassischen Rolfing-Sitzungen in diese Art der Trauma-Arbeit einzusteigen. Dadurch wird der Körper mit seinem Bindegewebssystem, und die Körperwahrnehmung für diese Art der Arbeit vorbereitet. Oft werden während der klassischen Rolfing-Sitzungen solche körperlichen Spuren eines alten Traumas regelrecht „ausgepackt“. In diesem Fall kann ich, sofern dies in die aktuelle Behandlungssituaton passt – direkt zu dieser feineren Art der Körperarbeit übergehen.

 

Es werden bei dieser Arbeitsweise Techniken aus dem klassischen Rolfing, wie es Ida Rolf lehrte und Rolfing - Movement angewandt. Zudem basiert die Arbeit auf den Erkenntnissen des amerikanischen Stress- und Trauma-Forschers Peter A. Levine.


Peter A.Levine ist Entwickler der Methode „Somatic Experiencing®“, die er weltweit unterrichtet. Während der Entwicklung der ersten Raumfähre war er als Stressberater für die NASA tätig. Es sind von ihm zahlreiche Bücher zum Thema Traumaheilung erschienen.

 

 

 

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